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Transformation Design für eine solidarische Zukunft

Ronja Haas, Deutschlandstipendiatin der HBK über gesellschaftlichen Wandel, Nachhaltigkeit und die Kraft der Gestaltung

Frau steht vor farbenfrohem Wandgemälde, trägt schwarzen Pullover und kariertes Kleid, hält ein Buch in der Hand.
Ronja Haas wird von der Braunschweiger Privatbank unterstützt.

Ronja Haas verfolgt einen außergewöhnlichen Weg, der Theorie und Praxis, Gesellschaft und Design auf besondere Weise verbindet. Nach ihrem Bachelor in Umwelt- und Gesellschaftswissenschaften und zwei Jahren im NGO-Bereich entschied sie sich, mit einem Master in Transformation Design an der HBK Braunschweig ihren Fokus noch stärker auf gesellschaftliche und sozial-ökologische Fragestellungen zu legen.

Im Master beschäftigt sich Haas vor allem mit der Verbindung von Theorie und Praxis sowie einem transdisziplinären Ansatz: „Gestaltung bezieht soziale, ökologische und kulturelle Bedürfnisse mit ein, um nachhaltige Beiträge für solidarische Zukünfte zu leisten. Dabei betrachten wir gesellschaftliche Vorgänge kulturell, sozialwissenschaftlich und designtheoretisch.“ Ein Beispiel sind koloniale Strukturen, deren Auswirkungen bis heute spürbar sind – sowohl auf sozialer, wirtschaftlicher als auch kultureller Ebene.

Transformation Design als Motor für Wandel
„Transformation Design kann Gesellschaften auf sozial-ökologischer Ebene vielfältig mitgestalten und so zu einem solidarischeren Miteinander beitragen“, erklärt Haas. Ob durch inklusive Produkte, Vermittlungsprojekte oder Raumgestaltung – immer werden gesellschaftliche, wirtschaftliche und politische Zusammenhänge berücksichtigt. „Diese transdisziplinäre Arbeit fördert einen notwendigen Pluralismus, das Verständnis für globale Zusammenhänge, lokale Verantwortlichkeiten und neue Formen des gemeinschaftlichen Zusammenlebens.“ Sozial-ökologische Nachhaltigkeit ist für Haas kein bloßes Schlagwort, sondern ein zentrales Element ihrer Arbeit. „Diese ist notwendig für gesellschaftlichen Wandel und ein langfristig solidarisches Miteinander von Menschen sowie Menschen und ihrer Mitwelt.“

Ein künstlerisches Projekt zwischen Europa und Panama
Ein besonderes Projekt beschäftigt sich mit den Verbindungen zwischen Europa, Braunschweig und dem Cloud Forest in Panama. „Die Idee entstand durch einen Vortrag der panamaischen Künstlerin Ela Spalding und den Besuch im Naturhistorischen Museum Braunschweig“, berichtet Haas. „Wir haben uns gefragt, welche Rolle wir als weiße Europäer*innen in diesem Diskurs einnehmen sollten. Diese Reflexion wollten wir in einem Audio-Essay abbilden, das später um eine Videoarbeit erweitert wurde.“ Ziel war es, „persönliche Perspektiven, Geschichten aus Braunschweig und koloniale,
ökologische sowie wirtschaftliche Verbindungen sichtbar zu machen und Reflexion über Verantwortlichkeiten anzustoßen.“

Reflexion statt universelle Lösungen
„Ich will bei den Betrachter*innen eine Reflexion über scheinbare Normen und Gegebenheiten anstoßen“, so Haas. „Es geht nicht darum, universalistische Lösungen anzubieten, die nie für alle funktionieren können. Vielmehr möchte ich dazu ermutigen, neue Perspektiven einzunehmen und sich mit den komplexen Zusammenhängen einer vernetzten Welt auseinanderzusetzen.“ Dabei spiele die Frage nach Verantwortung eine zentrale Rolle.

Öffentlichkeit für Veränderung gewinnen
Die Herausforderung, Menschen für gesellschaftliche Veränderungen zu begeistern, sieht Haas differenziert: „Es kommt darauf an, wer zur Öffentlichkeit zählt und welche Prozesse angestoßen werden. Veränderungen, die nah am Lebensalltag der Menschen sind – etwa Inklusion, Wohnen oder Gemeinschaftsbildung – bieten große Chancen, Akzeptanz zu finden.“
Gleichzeitig warnt sie vor Ängsten vor Veränderung: „Oft entsteht Ablehnung, weil Menschen das Gefühl haben, etwas werde ihnen verboten oder weggenommen. Dem kann durch aktives Teilnehmen am gesellschaftlichen Wandel und Ausprobieren entgegengewirkt werden.“ Langfristig könne das zu mehr Verständnis und besseren Lebensbedingungen für alle führen.

Weitere Projekte und Engagement
Neben dem Audio-Essay „Bewusst Sein – Bewusst Machen“ war Haas an einer Ausstellung zum Thema Perspektivwechsel beteiligt und hat ein Quartettspiel entwickelt, das die vom Menschen veränderten Organismen thematisiert. Zusammen mit Kommilitoninnen erarbeitete sie außerdem ein Konzept für ein Festival, das sozial-ökologische Solidarität praktisch erfahrbar machen soll. Zudem engagiert sie sich im Allgemeinen Studierendenausschuss der HBK und kann so hochschulpolitisch Themen einbringen.

Schwerpunkte und künstlerische Selbstbeschreibung
„Meine Arbeiten drehen sich um sozial-ökologische Nachhaltigkeit, solidarisches Miteinander, Partizipation und Research through Design“, fasst Haas zusammen. Dabei beschreibt sie sich nicht als klassische Künstlerin, sondern als projektbasiert arbeitende Gestalterin: „Meine Praxis ist recherchebasiert, sozial ausgerichtet, vermittlerisch und gemeinschaftlich geprägt. Ziel ist es, Räume zu schaffen, in denen Menschen sich einbringen können.“ Inspiration findet Haas „im Alltäglichen, Persönlichen, aktuell Politischen, aber auch in Vorlesungen, Workshops und den Arbeiten anderer Kollektive.“

Das Deutschlandstipendium als wichtige Unterstützung
Das Deutschlandstipendium der HBK, gefördert von der Braunschweiger Privatbank, schätzt Haas sehr: „Es ermöglicht mir die Erweiterung meines Netzwerks und neue Perspektiven. Außerdem kann ich mich mehr auf mein Studium und ehrenamtliches Engagement konzentrieren und zusätzliche Seminare belegen.“ Die Zusammenarbeit mit der Bank sieht sie als Bereicherung: „Der Austausch stärkt meine Vernetzung in Braunschweig und setzt ein klares Zeichen für die Förderung von Studierenden.“ Aktuell arbeitet Haas an einem weiteren Audio- Essay, das sich mit dem Sein in der kapitalistischen
Gesellschaft beschäftigt. Langfristig plant sie nach einem Erasmus-Aufenthalt in Wien ihre Masterarbeit zu schreiben und weitere Projekte umzusetzen.