Handwerk und Ästhetik

Ein Werkstattbesuch beim Braunschweiger Bildhauer Magnus Kleine-Tebbe

Ein strahlend sonniger Mittwochvormittag, 21 °C, leichter Wind. Beste Voraussetzungen für einen Atelierbesuch bei Magnus Kleine-Tebbe, einem bedeutenden akademischen Kunstbildhauer in der Region, der klassisch-figürliche Werke schafft. Inmitten des neuen imposant wachsenden Braunschweiger Stadtbezirks Nordstadt-Schunteraue befindet sich, etwas versteckt, Schapers Hof. Eine urban-urwüchsige Oase, die von alten Werkhallen, ausgedientem Gerümpel und zum Verkauf stehenden Pkws gekennzeichnet ist. Durch das Eingangstor hindurch, ganz hinten rechts, befindet sich der Arbeits- und Ausstellungsbereich von Kleine-Tebbe. Zwei geräumige Hallen und sieben Überseecontainer, die teilweise von wild wachsenden Brombeersträuchern umgeben sind, umfassen das kreativ-chaotische und doch sorgsam arrangierte Reich des 57-Jährigen.

Abstrakte und figürliche Skulpturen und Plastiken aus Terracotta, Gips, Holz, Stein, Marmor und Bronze

Der Blick des Besuchers fällt zuerst auf eine ansehnliche, vom Wetter gegerbte Holzskulptur, die der Künstler aus einem Weidenpappelstamm am Okerufer nahe der Technischen Universität Braunschweig gefertigt hat. „Agape und Eros“, im Jahr 2006 entstanden, ist etwa 4,5 Meter hoch und wurde vom Künstler mithilfe eines Baugerüsts, das um den Stamm aufgestellt worden war, in ein hoch aufragendes Liebespaar verwandelt, das die sinnliche und geistige Liebe symbolisiert. Der Mann hebt die Frau in den sprichwörtlich siebten Himmel. Frei hinauf erhebt er ihren Körper, wodurch das ganze Längenmaß des Stamms optimal ausgenutzt wurde. Beeindruckend.

Der gemeinsame Rundgang über das Gelände führt ins Innere von lichtdurchfluteten Räumen und in die Tiefen der dunklen, stählernen Container. Dort stehen, liegen und lagern auf Tischen, Schränken, Sockeln, in Fächern und Regalen zahlreiche Modelle und Figuren in vielfältigen Größen, Formen und Verarbeitungsstufen. Es sind abstrakte sowie figürliche Skulpturen und Plastiken aus verschiedenen Materialien wie Terracotta, Gips, Holz, Stein, Marmor oder Bronze. Man entdeckt Köpfe, Büsten, Frauenkörper, Tiere, häufig auch mit christlicher Thematik.
Die Wände bedecken und zieren frühe Skizzen, detailliert ausgearbeitete Studien und colorierte Zeichnungen. Dazwischen sieht man immer wieder Stifte, Pinsel, manuelle und elektrische Werkzeuge. „Bildhauer ist ein fantastischer Beruf“, schwärmt ein gut gelaunter Magnus Kleine-Tebbe. „Der Reichtum liegt für mich in der Qualität der Arbeit an sich, in der Freigestaltung der Motive, der Ausarbeitung, der ästhetischen und handwerklichen Weiterbildung.“

Leben und Arbeit bilden eine eng verwobene Einheit

Leben und Arbeit bilden für Kleine-Tebbe, der in Nürnberg an der Akademie der bildenden Künste sein Studium der Bildhauerei mit der Note „sehr gut“ und dem Meisterschülertitel abgeschlossen hat, eine dicht verwobene Einheit. Den einfachen und natürlich schönen Dingen versucht er in seinem Werkalltag Raum zu geben, um im künstlerischen Denken frei und beweglich zu sein. Der Gleichklang ruhiger Hammerschläge, mit dem er einen Grabstein bearbeitet, definiert zurzeit seinen Takt. „Heute bestimmt bspw. die Fertigungslinie von Volkswagen den Arbeitstakt und die Handy-Kommunikation die Alltagsstruktur vieler Menschen. Ich kann meine Vorgehensweise selbst im Sinne meiner Kunst bestimmen. Manche Manager fahren zu einem teuren Bildhauerkurs in die Toskana, um wieder auf die Basis des Lebens herunterzukommen, ich habe das praktisch immer“, erzählt er augenzwinkernd.

Über 100 größere Werke in 30 Jahren

Seit 1994 lebt und wirkt der akribische Vorbereiter, versierte Handarbeiter und feine Techniker in Braunschweig. Als künstlerisch-wissenschaftlicher Assistent war er sechs Jahre lang an der TU am Bildhauer-Lehrstuhl von Professor Jürgen Weber tätig. Seit 2000 arbeitet Kleine-Tebbe als freier Bildhauer und unterrichtet zudem als Dozent am Bildungszentrum für Steinmetze und Bildhauer die Fächer Baustilkunde und Modellieren. Seine künstlerische Arbeit bestimmen maßgeblich sechs Faktoren: dreidimensionale Beobachtungen, Material, Handwerk, eigene Formideen, Bibelstudium und Kunsttradition. Diese münden dann in so eindrucksvollen Werken wie der Marmorskulptur der Laodizea, eine liegende Frauengestalt vor dem Naturhistorischen Museum, oder der Bronzeplastik der Bathseba im Audimax der Technischen Universität Braunschweig. Mehr als 100 größere Werke hat er in 30 Jahren bereits umgesetzt.
Jedes Jahr fertigt Kleine-Tebbe die Trophäen des Unternehmerpreises der Region 38, der von der Braunschweiger Privatbank unterstützt, und am 12. September 2024 zum siebten Mal im BZV Medienhaus der FUNKE Niedersachsen GmbH verliehen wird. Ein begeisterter Erzähler und authentischer Charakter, der sich über Auftragsarbeiten insbesondere figurativer Art freut. Seine Kontaktdaten und weitere Informationen erhält man unter www.magnus-kleine-tebbe.de.