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Hand auflegen und Hürden überwinden

Verabschiedungs-Interview mit Thomas Heinisch, Spezialist Fondsmanagement der Braunschweiger Privatbank

Das Wertpapiergeschäft hat Thomas Heinisch in den Bann gezogen. Die Entwicklung der Braunschweiger Privatbank hat er mit seiner Expertise, seinem Wissen, aber auch mit seinem Humor entscheidend mitgeprägt.

Herr Heinisch, warum sind Sie (Private)Banker geworden?
Banker bin ich aus Neugier geworden und aus der Tatsache heraus, dass ich handwerklich eher weniger begabt bin. Natürlich hat auch der Anfang der 70er Jahre erschienene Comicband „Asterix bei den Schweizern“ (unbedingte Leseempfehlung), mit seinen zentralen Themen Tresore und Bankgeheimnis, zur Beachtung dieses Wirtschaftszweiges beigetragen. Nach ersten Kontaktaufnahmen zu den verschiedenen Geschäftsfeldern hat mich das Wertpapiergeschäft besonders in den Bann gezogen. Um dahin zu kommen, musste ich aber erst einen mehrjährigen Umweg durch die damalige Hypothekenabteilung machen, heute würde man wohl sagen durch die Baufinanzierung. Das war spannend und lehrreich, aber die Faszination für Börse und Wertpapiere war dann doch größer.

Der erste Teil der Frage war relativ einfach zu beantworten, aber der zweite Teil Ihrer Frage zielt darauf ab, warum ich Private Banker wurde, das wird komplexer. Ich glaube ganz einfach formuliert könnte man sagen: durch Hand auflegen. Aber wer legt seine Hand auf? Zunächst ist es wichtig, vertrauensvolle Kundenbeziehungen schaffen zu wollen und über Jahre zu halten. Wenn dann ein Private Banking aufgebaut wird und man eingeladen wird mitzugestalten, dann liegt die Hand auf. Es mag wohl eine Mischung sein aus vielen verschiedenen Faktoren, die sich richtig fügen müssen. Natürlich geht es nicht ohne fachliche Kompetenz und die Bereitschaft die Extrameile zu gehen. Wenn Ihnen nun jemand die Chance gibt, Private Banker zu werden, kann es losgehen. Die Entscheidung, ob Sie es werden oder nicht, liegt letztlich beim Kunden.

Bei der Braunschweiger Privatbank sind Sie seit deren Beginn im Jahr 2013 dabei. Was macht diese so interessant und einzigartig, dass Sie bis heute bzw. so lange dabeigeblieben sind?
Zusammen mit den anderen Mitwirkenden der ersten Stunden habe ich an der Idee zur Braunschweiger Privatbank gearbeitet. Von den Anfängen bis zu dem, was die Bank nun ist. Wenn ich die Chance bekomme daran mitwirken zu dürfen, etwas von Anfang an nach Ideen von Gleichgesinnten aufzubauen und voranzubringen, dann ist das mit einem unbeschreiblichen Vertrauen verbunden und macht die von Ihnen nachgefragte Einzigartigkeit aus. Dieses Vertrauen habe ich immer enorm geschätzt und bewundert. Auch wenn es mal schwer wurde, war mir die Hürde nie zu hoch nicht mehr dabei zu bleiben. Bei jedem Wechsel heißt es bekannte Fehler gegen unbekannte Fehler einzutauschen und abzuwägen.

Es war, es ist und wird auf unabsehbare Zeit weiterhin ein unheimlich spannendes und dynamisches Projekt bleiben, diese Braunschweiger Privatbank weiterzuentwickeln. Die Entwicklung des ersten offenen Investmentfonds der BRAWO Group lag mir dabei ganz besonders am Herzen (siehe Braunschweiger Brief Nr. 23) und die Freude über die Erfolge, die der Meisterwert Perspektive bisher einfahren konnte, bilden eine Gemengelage, in der man nicht einfach von Bord geht.

Wie haben Sie die Anfangsjahre und die dynamische Entwicklung des Unternehmens im Rückblick erlebt?
Die Anfangsjahre, ach herrje, das ist mehr als ein Dutzend Jahre her! Ein kluger Mann formulierte es mal so oder so ähnlich: Ich beschäftige mich nicht mit der Vergangenheit, ich beschäftige mich mit der Zukunft, in der gedenke ich zu leben. Aber gut, ich will es versuchen. Es waren unterschiedliche Welten, die da im Jahr 2013 zusammenkamen, da galt es erstmal Gemeinsamkeiten zu finden und von dort aus aufzubauen. Da gab es Reibung, gepaart mit großem Willen das Projekt voranzubringen. Gefühlt waren immer zwei Dutzend Bälle zugleich in der Luft und alle waren damit beschäftigt, sie in der Luft zu halten.

In meiner Wahrnehmung brachte diese anspruchsvolle Aufgabe immer mehr Verständnis füreinander und man lernte gegenseitig Stärken und Schwächen kennen. Die Stärken wurden genutzt, um das Projekt voranzubringen, die Schwächen wurden ausgeblendet. Von den Kunden, die wir für die Braunschweiger Privatbank begeistern konnten, bekamen wir die Motivation unsere Ideen weiter voranzutreiben. Mit den Jahren ist daraus etwas geworden, was immer noch Dynamik in sich hat und immer noch nicht fertig ist.
 

Wie hat sich der Kapitalmarkt in den vergangenen zehn Jahren verändert? Was waren die wichtigsten Ereignisse und welche Einflüsse hatten diese auf Ihre Arbeit?
Neue Produkte sind gekommen, andere sind gegangen und kamen nie wieder, aber das war schon immer so. Der Kapitalmarkt ist schnelllebiger geworden, auch das war schon immer so. Dem begegnet man am besten mit Ruhe und Gelassenheit.

Die bedeutendste Veränderung ist in meinen Augen aber, die ins Unendliche ausufernde Regulatorik, die das Wertpapiergeschäft in den letzten Jahren umsponnen hat. Die Begeisterung, die mich am Beginn meiner beruflichen Laufbahn in Richtung Wertpapiergeschäft geführt hat, ließe sich heute Dank der Entwicklung der Regulatorik im Kundengeschäft nicht mehr entfachen. Da drängt sich mir der Vergleich des einst stolzen und prächtigen Pfaus mit dem nun hässlichen Entlein auf. Aber das mag die Wahrnehmung mit einigen Jahrzehnten Erfahrung im Wertpapiergeschäft sein. Junge Menschen sehen es womöglich weniger bedeutsam. Ich erinnere mich daran, wie mir ein in Ruhestand gehender Kollege am Anfang meiner Laufbahn im Jahre 1987 sagte: „Früher hat das Wertpapiergeschäft noch Spaß gemacht, aber wenn ich sehe, was Ihnen da alles bevorsteht, dann tun Sie mir jetzt schon leid.“ Der weise Mann bezog sich auf die damals einsetzenden, hauchzarten regulatorischen Maßnahmen.

Wichtige Ereignisse während meiner Zeit in der Braunschweiger Privatbank waren sicherlich der nicht erfolgte Grexit und die Bewältigung der Eurokrise um Griechenland und andere südeuropäische Länder, der Austritt Großbritanniens aus der EU gefolgt von der ersten Amtszeit des Donald Trump, die Auflage des Meisterwert Perspektive, die Abwahl von Donald Trump, Corona, die Formung der Magnificent 7, künstliche Intelligenz, der als unvorstellbar eingestufte aber dann Wirklichkeit gewordene Angriffskrieg Russlands, der Tod unseres Vorstands Mark Uhde, die Wiederwahl von Donald Trump, dazu noch jede Menge kleinere und mittlere Ereignisse. 

Welchen Einfluss hatten diese Ereignisse? Sie ließen meine Arbeit nie langweilig werden! Jedes Ereignis stellte eine Herausforderung dar, die wir im Team meisterten. Die Herausforderungen ließen uns lernen und Erfahrungen machen, die uns ansonsten fremd geblieben wären. Auch wenn man auf die ein oder andere Erfahrung hätte verzichten können, sie hilft bei den noch bevorstehenden Herausforderungen.

Sie verfügen über langjährige Erfahrung im Bankbusiness und Bereich Private Banking, haben erfolgreich als Spezialist für das Fondsmanagement gearbeitet. Was hat Ihnen in Ihrem Job am meisten Spaß gemacht – und was weniger?
Alles kreative, formende und gestaltende Arbeiten hat mir immer viel Freude bereitet. Wie oben schon angedeutet hat es die Regulatorik nie geschafft, meine Sympathien zu gewinnen. 

Was waren Ihre größten Erfolge und welche Niederlagen mussten Sie in Ihrer Karriere verkraften?
Ich begrenze die Antwort mal auf die Zeit in der Braunschweiger Privatbank, sonst sprengen wir insbesondere bei den
Misserfolgen den Rahmen. Der größte Erfolg war sicherlich zu den Menschen der ersten Stunde an Bord der Braunschweiger Privatbank gehört zu haben und andere für das Geschäftsmodell der Braunschweiger Privatbank begeistern zu können. Ergänzend möchte ich bei den Erfolgen die letzten Jahre des Meisterwert Perspektive mit den positiven Heraushebungen in verschiedenen angesehenen Publikationen nennen. Ja, natürlich gab es auch immer wieder Niederlagen, aber daran sollte man sich nicht aufhalten, sondern aus den Gründen dafür lernen, um sie sodann in positive Erlebnisse umzulenken.

Bedauern Sie irgendwelche Entscheidungen oder etwas nicht getan zu haben?
Eine meiner Lebenserfahrungen lautet: Tatsünden machen mehr Spaß als Unterlassungssünden (immer im Rahmen des Erlaubten). Insofern habe ich sicherlich auch Dinge gemacht, die ich vielleicht nicht hätte tun sollen, aber ich muss mich nun auch nicht grämen, es nicht wenigstens versucht zu haben.

Wer sein Geld in Wertpapiere investieren will, hat viele Fragen. Was würden Sie Anlegern aktuell empfehlen?
Da müssten wir jetzt den großen Bogen über die anlegergerechte Beratung und Co. schlagen. Aber ich halte es allgemein und denke bei Investitionen immer zuerst an Aktien, wenn ich dann noch etwas Geld übrig hätte, würde ich an Aktien denken und die Erträge daraus wieder in Aktien investieren. Die Weisheit des altehrwürdigen André Kostolany (1906-1999) hat bis heute seine Gültigkeit nicht verloren, so prägte er die weise These: „Kaufen Sie Aktien, nehmen Sie Schlaftabletten, und schauen Sie die Papiere nicht mehr an. Nach vielen Jahren werden Sie sehen: Sie sind reich.“

Wenn Sie dann noch eine andere These von ihm beachten: „Ich kann Ihnen nicht sagen, wie man schnell reich wird; ich kann Ihnen aber sagen, wie man schnell arm wird: indem man nämlich versucht, schnell reich zu werden.“ sollten die Grundzüge klar sein. Lösen Sie sich von kurzfristigen Überlegungen in der Vermögensbildung und -anlage.

Wie lautet Ihre Prognose für den Rest des Jahres 2025?
Die ist unter Berücksichtigung der gerade genannten Thesen vollkommen irrelevant und hat wie viele andere Prognosen eher Unterhaltungswert. Bleiben Sie optimistisch!

Kurz nach meinem Start in das Wertpapiergeschäft wurde mir im Oktober 1987 vor Augen geführt, dass die Börse keine Einbahnstraße ist, aber auch, dass sie starke Aufwärtskräfte entfachen kann.
19.10.1987, der amerikanische Dow Jones Index eröffnete ca. 25 % unter seinem Vortagesstand bei rund 1700 Punkten, wer redete nicht alles von Weltuntergang.
 

1990 – Irakische Truppen überfielen Kuwait, der erste Golfkrieg stand bevor, Ölquellen in Kuwait brannten.
1992 – Die Sowjetunion zerfiel, Panzer rollten durch Moskau – Durcheinander!
1994 – Rentencrash in Deutschland. Die Zinsen stiegen und stiegen.
1998 – Asienkrise – Durcheinander!
2001 – Zusammenbruch des Neuen Marktes, nach unglaublichen Anstiegen das Aus.
2001 – Der Sturz der Aktienmärkte nach den Ereignissen des 11. September.
2008 – Insolvenz von Lehman Brothers und Wirren an den Finanzmärkten.
2010 – Griechenlandkrise.
2016 – Brexit und erste Wahl von Donald Trump zum Präsidenten der USA.
2020 – Corona.
2022 – Russlands Angriff auf die Ukraine.

Dem stelle ich nur einige wenige Indizes gegenüber: Da muss man sich keine Gedanken machen, dass hier die populären Varianten der Indizes genannt werden. Bei den beiden amerikanischen Indizes handelt es sich um Preisindizes und beim DAX um einen Performanceindex. Das bedeutet die gezahlten Dividenden, Bezugsrechte usw. sind im DAX enthalten, bei den beiden amerikanischen Indizes müssten sie noch hinzugerechnet werden. Mit diesen einfachen Gegenüberstellungen untermauere ich die Aussagen von Kostolany und meinen Hinweis zur optimistischen Grundeinstellung. Die mangelnde Relevanz zum Stand der Indizes am Ende des Jahres 2025 mag damit auch herausgestellt sein.

Wo steht die Braunschweiger Privatbank gerade? Welche Rolle und Stellenwert hat diese im deutschlandweiten Vergleich? Was wünschen Sie sich für die Zukunft des Unternehmens?
Die Braunschweiger Privatbank sehe ich in einem immer noch spannenden und dynamischen Umfeld sich gut behauptend und solide wachsend. Sowohl was Erträge, Geschäftsvolumen und Mitarbeiterzahl angeht. Wenn die Werte, die die Bank erfolgreich gemacht haben, hochgehalten werden und der Umgang miteinander auf der bisher erfolgreichen Wertebasierung ruht, ist mir um das gute Gedeihen der Bank nicht bange.

Mit der Bank stehe ich in gutem Einklang, sie hat mir viel gegeben, ich habe ihr viel gegeben. Von daher fällt es mir leicht ihr von ganzem Herzen alles Gute für die Zukunft zu wünschen.

Wie werden Sie persönlich zukünftig den Kapitalmarkt betrachten?
Wie immer mit der notwendigen Gelassenheit und großen Interesse. Ich kann mir vorstellen, dass ich mich wieder stärker für das Geschehen an den Terminbörsen interessieren werde.

Welche Pläne haben Sie? Wie werden Sie nun Ihre Zeit verbringen?
Pläne verfolge ich, aber da ist noch nichts konkret. Die ein oder andere Reise gehört sicher in diese Kategorie.
Da nun aber mehr Freizeit vorhanden sein sollte, werde ich öfter die Gelegenheit wahrnehmen können, zu dem ein oder anderen Besuch im Hotel Adlon in Berlin. Dort mit guten Gesprächspartnern einen Kaffee genießen, dazu ein Stück Pariser Platz Schokoladentorte – herrlich. Vergessen Sie alle Schokoladentorten, die Sie je gegessen haben und dann lassen Sie sich auf diese wunderbare Konstellation ein. Ein wahrhaft außergewöhnliches Erlebnis, welches je nach Zeitrahmen noch mit einer guten Zigarre und guten Gesprächen in der Zigarrenlounge des Adlon fortgesetzt werden kann.

Wie die Kollegen der Braunschweiger Privatbank Thomas Heinisch mit Anekdoten & Grüßen verabschieden, finden Sie im aktuellen Braunschweiger Brief