„Das Interesse an nachhaltigen Investments hat sich abgekühlt“

Alexander Mozer, Gründer & CEO der rezooM Capital GmbH, im Interview

Der Antrieb von Alexander Mozer ist es, eine positive Veränderung herbeizuführen

Elf Jahre lang war Alexander Mozer als Chief Investment Officer der Ökoworld AG tätig und begab sich dann in die Selbstständigkeit. Wir sprachen mit dem Gründer & CEO der rezooM Capital GmbH Nachhaltigkeit im Fondsmanagement.

 

Herr Mozer, wie definieren Sie nachhaltiges Fondsmanagement in Ihrem Arbeitskontext?

„Der Begriff ,Nachhaltigkeit‘ hat mittlerweile eine gewisse Abnutzung erfahren und wird inflationär gebraucht. Wir bevorzugen den Begriff ,Zukunftsfähigkeit‘, da er die langfristige Orientierung unserer Investmentstrategien besser widerspiegelt. Für uns bedeutet zukunftsfähiges Fondsmanagement mehr als nur das blinde Verlassen auf externes ESG-Research. Es geht darum, Investments mit Sinn und Verstand zu wählen, die nicht nur ökologische und soziale Kriterien erfüllen, sondern vor allem auch wirtschaftlich tragfähig sind. Im Zentrum unseres Interesses stehen die Fragen, ob die Unternehmen generell auf dem richtigen Weg sind und wie wir die Wirkung für die zukünftigen Generationen einschätzen.“

 

Wie messen und berichten Sie über die Nachhaltigkeitsleistung der in Ihrem Fonds enthaltenen Unternehmen?

„Die Messung und Berichterstattung erfolgt durch eine Gesamtbetrachtung der Unternehmensaktivitäten und deren Auswirkungen. Wesentlich hierfür ist unser zweimonatiges ESG Reporting, das wir in Zusammenarbeit mit Bavest, einem Unternehmen mit Expertise im Bereich der KI, erstellen. Dieser Bericht umfasst eine detaillierte Analyse verschiedener Indikatoren wie CO2-Fußabdruck, Wassernutzung, Energieverbrauch und Biodiversität, um nur einige zu nennen. Durch diesen detaillierten Berichtsprozess gewährleisten wir Transparenz und bieten unseren Anlegern fundierte Einblicke in die ESG-Leistung unseres Fonds als Gesamtkonstrukt.“

 

Wie hat sich das Interesse an nachhaltigen Investments in den letzten Jahren entwickelt und wie reagieren Sie darauf?

„Wir haben bemerkt, dass sich das Interesse an nachhaltigen Investments aufgrund einer gewissen Übersättigung und einer als überbordend empfundenen Regulatorik bei vielen Anlegern abgekühlt hat. Diese Entwicklung führt oft zu einer Art Reaktanz gegenüber dem Thema. Zudem taucht immer wieder die Frage auf, ob klassische nachhaltige Investments zu Lasten der Performance gehen. 2022 war ein Jahr das hierfür plakativ Modell stand. Unsere Reaktion auf diese Entwicklungen ist es, die Ziele unserer Investments stärker in den Vordergrund zu rücken und dabei unseren Fokus unvermindert auf die Erzielung einer guten Performance zu legen. In diesem Kontext liegt uns auch besonders das Risikomanagement unseres Fonds am Herzen. Wir sind überzeugt, dass es möglich ist, sowohl ökologisch und sozial als auch profitabel zu investieren, und arbeiten hart daran, unseren Anlegern das zu beweisen.“

 

Welche Herausforderungen sehen Sie für die Zukunft des nachhaltigen Fondsmanagements?

„Eine wesentliche Herausforderung ist die Differenzierung: Was ist eigentlich ,nachhaltig‘? Der Begriff wird zunehmend zum Mainstream, und es wird immer wichtiger zu erkennen, wer sich ernsthaft damit auseinandersetzt. Es erfordert ein tiefgehendes Verständnis dafür, dass wir auf vielen Gebieten noch Wegbereiter und teilweise auch Wegbegleiter sind. Die größte Herausforderung liegt darin, dass interessierte Kunden die Inhalte und Ziele der Fonds inhaltlich verstehen müssen, um diese mit den eigenen Werten abzugleichen. Dies ist auch eine zeitaufwändige, aber wichtige Aufgabe für viele Berater.“

 

Welche Rolle spielt die technologische Entwicklung bei der Bewertung und Überwachung der Nachhaltigkeit von Investitionen?

„Die technologische Entwicklung, insbesondere der Einsatz künstlicher Intelligenz, spielt eine zentrale Rolle in unserem Ansatz zur Bewertung und Überwachung der Zukunftsfähigkeit von Investitionen. Durch unsere Kooperation mit Bavest nutzen wir fortschrittliche KI-Technologien, die es uns ermöglichen, entsprechende Bewertungen effizient und zuverlässig durchzuführen, ohne auf umfangreiche Teams angewiesen zu sein. Diese Technologie unterstützt uns bei der Analyse großer Datenmengen und ermöglicht eine tiefgehende Einsicht in die ethischen und umweltbezogenen Leistungen von Unternehmen. Angesichts der vielversprechenden Ergebnisse planen wir unsere Kapazitäten in diesem Bereich auszubauen.“

 

Welche persönlichen Überzeugungen treiben Sie an, sich für zukunftsfähiges Fondsmanagement einzusetzen?

„Mein Antrieb ist vor allem mein Wille, eine positive Veränderung herbeizuführen. Ich bin überzeugt, dass zukunftsfähige Investments, die auf langfristige Stabilität und gesellschaftlichen Mehrwert ausgerichtet sind, auch finanziell erfolgreich sind. Diese Überzeugung motiviert mich täglich, Entscheidungen zu treffen, die sowohl ethische als auch wirtschaftliche Vorteile bieten. So möchte ich aufzeigen, dass finanzielle Leistungsfähigkeit und Verantwortungsbewusstsein einander ergänzen können.“

 

Nach Ihrer langjährigen Erfahrung als Fondsmanager, was hat Sie dazu motiviert, rezooM Capital zu gründen, und wie unterscheidet sich Ihr Ansatz vom Fondsmanagement in großen Asset-Managern?

„Die Gründung von rezooM Capital wurde von meinem Wunsch inspiriert, meine eigenen Ideen und Vorstellungen einer zukunftsfähigen Kapitalanlage in die Tat umzusetzen. Mir war es wichtig, etwas Eigenes aufzubauen, fernab von den unzähligen ,politischen Meetings‘ und Machtspielchen, die oft bei großen Asset Managern vorherrschen. Bei rezooM Capital liegt unser ganzer Fokus auf den Produkten und ihrer Performance. Für uns stehen Transparenz, Unabhängigkeit bei unseren Entscheidungen und die direkte Ausrichtung auf die Bedürfnisse unserer Anleger im Vordergrund, um die besten Ergebnisse zu erzielen.“

 

Wie stellen Sie bei rezooM Capital sicher, dass Sie unabhängig von Banken- und Konzerninteressen entscheiden können? Können Sie Beispiele geben, wie diese Unabhängigkeit Ihre Investitionsentscheidungen beeinflusst hat?

„Wir sichern unsere Entscheidungsunabhängigkeit primär durch die klare Eigentümerstruktur mit mir als Haupteigentümer ab, um externe Einflüsse zu verhindern. Zudem pflegen wir keine Geschäftsbeziehungen zu den Unternehmen, in die wir investieren, wie es in Kapitalmarkt- oder Kreditgeschäften der Fall sein könnte. Direkte Beispiele für den Einfluss unserer Unabhängigkeit auf spezifische Entscheidungen sind schwer zu benennen, denn die Abwesenheit solcher Einflüsse lässt sich immer nur indirekt nachweisen. Unsere Unabhängigkeit ist daher eher durch das kontinuierliche Fehlen solcher Nachweise erkennbar.“

 

Sie haben den Schritt in die Selbstständigkeit als wohlüberlegte Entscheidung beschrieben. Was waren die wichtigsten Faktoren, die Sie zu diesem Schritt bewogen haben, und wie hat Ihre Erfahrung bei der Ökoworld AG diese Entscheidung beeinflusst?

„Mein Schritt in die Selbstständigkeit basierte rein auf persönlichen Überlegungen. Meine Zeit bei Ökoworld war durchweg positiv und erfolgreich, spielte aber keine direkte Rolle bei meiner Entscheidung. Vielmehr ging es mir darum, eigene Lebensziele und Ambitionen zu verwirklichen: Ich wollte herausfinden, was ich noch erreichen möchte, welche Ziele ich habe und was ich letztlich hinterlassen will. Diese Fragen leiteten mich zu dem Entschluss, mein eigenes Unternehmen zu gründen und meine Vision vom Investieren mit einem unabhängigen Fokus zu realisieren.“

 

Mit rezooM World haben Sie einen global anlegenden Aktienfonds aufgelegt. Können Sie erläutern, wie das von Ihnen entwickelte quantitative Relative-Stärke-Modell funktioniert und wie es Ihnen hilft, Investitionsentscheidungen zu treffen?

„Unser quantitatives Relative-Stärke-Modell nutzen wir, um sowohl innerhalb unseres bestehenden Investmentuniversums die überzeugendsten Anlagemöglichkeiten zu identifizieren als auch außerhalb nach neuen Investmentideen zu suchen. Die Relative Stärke dient hierbei als Indikator für die Überperformance von Aktien über bestimmte, von uns definierte Zeiträume. Im Anschluss an unser quantitatives Modell folgt eine Fundamentalanalyse, die sich auf die Unternehmensergebnisentwicklung konzentriert. Dabei legen wir großen Wert auf ein kompetentes Management, solide Finanzen und eine starke Wettbewerbsposition der Zielinvestments. Innerhalb unseres Fonds drehen wir dann den Prozess um: die relativ schwächeren Unternehmen werden nach definierten Kriterien aus unserem Portfolio entfernt, während die stärkeren verbleiben. Wir verfolgen hier eine konsequente Verkaufsdisziplin.“

 

Sie betonen, dass eine gute Rendite bei einer Geldanlage im Vordergrund stehen muss, egal ob nachhaltig oder nicht. Wie balancieren Sie die Erzielung guter Renditen mit der Einhaltung von Nachhaltigkeitskriterien?

„Ich denke, hier kommt es vor allem auf die Reihenfolge an. Bei unseren Investmententscheidungen steht immer zuerst die Frage: Ist ein Unternehmen zukunftsfähig? Erst, wenn wir diese Frage mit ,Ja‘ beantworten, kommt eine Investition überhaupt in Frage. Im nächsten Schritt konzentriert sich unser langjährig erprobter Investmentansatz allein darauf, die besten Renditemöglichkeiten zu identifizieren. Dabei schließen wir Investitionen, die lediglich aus sozialromantischen Gründen getätigt werden und langfristige Verlustbringer darstellen, grundsätzlich aus.“

 

Wie hat sich Ihre Sicht auf das Portfoliomanagement und nachhaltige Investments während Ihrer 25-jährigen Karriere verändert, und welche Erkenntnisse aus Ihrer Zeit bei großen Asset-Managern wenden Sie bei rezooM Capital an?

„Besonders auffällig ist die zunehmende Informationsgeschwindigkeit und die steigende Volatilität, vor allem bei Einzeltiteln während der Berichtssaison. Zugleich beobachte ich eine wachsende Anzahl an selbsternannten ,Börsenexperten‘ und Personen, die behaupten, ,schon immer nachhaltig‘ investiert zu haben. Bei rezooM Capital halten wir an unserem erprobten Investmentfokus fest und nutzen verstärkt künstliche Intelligenz, um mit unserem kleinen Team die besten Ergebnisse für unsere Kunden zu erzielen.  Zudem war es wichtig, sich in den letzten Jahren eine Art ,Resilienzpanzer‘ für die teils wilden Kapitalmärkte anzulegen.“

 

Was sind Ihrer Meinung nach die größten Missverständnisse über nachhaltiges Investieren, und wie begegnen Sie diesen in Ihrer Arbeit?

„Ein großes Missverständnis – besonders unter Anlegern – ist, dass es bei sozialen und ökologischen Investments immer nur Schwarz und Weiß gibt. Die Realität ist wesentlich nuancierter. Das perfekte nachhaltige Unternehmen existiert schlicht nicht und wird vielleicht auch nie existieren. Umso wichtiger sind das bewusste Abwägen und Anpassen der eigenen Investmententscheidungen an persönliche Werte. Es geht darum, Unternehmen auf ihrem Weg zu unterstützen und zu begleiten, statt sie aufgrund nicht erfüllter ideeller Standards auszuschließen. Die Sichtweise auf Aktien als Beteiligungen an Unternehmen fordert von uns, über den Tellerrand hinaus zu blicken und das Potenzial für positive Veränderungen innerhalb dieser Unternehmen zu erkennen. Bei rezooM Capital streben wir danach, diesen Ansatz in unserer Arbeit zu verfolgen, indem wir Investments nicht nur nach ihrer aktuellen ESG-Leistung bewerten, sondern auch ihr Engagement und ihre Fortschritte in Richtung einer positiven Zukunft berücksichtigen. Ein weiteres Missverständnis, das ich immer wieder antreffe, ist die Vermutung, dass ,grünes‘ Investieren immer gleich einen Umwelt-Fokus hat und so ausschließlich mit bestimmten Themen wie ,Erneuerbare Energien‘ zusammenhängt. Für uns ist klar, dass die Betrachtung der Zukunftsfähigkeit vor keiner Branche Halt macht und wirtschaftlich übergreifend gesehen und gelebt werden muss.“

 

Abschließend, welche Ratschläge würden Sie anderen Fondsmanagern geben, die nachhaltige Investmentstrategien entwickeln und implementieren möchten?

„Ich würde ihnen sagen: Spart euch die Zeit und investiert in rezooM World – wir kümmern uns darum. Doch im Ernst, der Kern meines Ratschlags wäre, sich tiefgehend mit zukunftsfähigen Investitionen auseinanderzusetzen. Versteht die komplexen Herausforderungen, vor denen wir global stehen, und wie eure Investmententscheidungen zu positiven Veränderungen beitragen können. Es geht darum, immer kritisch nachzufragen und sich nicht mit standardisiertem ESG-Research zufriedenzugeben. Das erfordert Mut, Innovationsgeist und die Bereitschaft, auch mal unkonventionelle Wege zu gehen.“