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BraunschweigerBörsenBRIEF – Ausgabe 11

Der zwölftägige Israel-Iran-Krieg endete gestern mit einem Waffenstillstand. Niemand kann voraussagen, ob die Waffen für immer ruhen werden. Doch klar ist: Nach dem Krieg wird im Nahen Osten nichts mehr sein, wie es vorher war. Und auch aus globaler ökonomischer und politischer Sicht könnte der Krieg eine Zeitenwende einleiten. Ein Global Player könnte als Gewinner herausgehen. 

Quelle: Adobe Stock

Das Unvorstellbare geschieht: 1205 Tage nach dem völkerrechtswidrigen Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine startet Israel seinen Angriffskrieg gegen den Iran 

Am 13. Juni startete Israel einen Angriffskrieg gegen den Iran, der im Widerspruch zur UN-Charta Artikel 2 Nr. 4i steht. Der Angriff wurde von Israel mit der atomaren Bedrohung des Iran erklärt. So würde der Iran bereits durch die Anreicherung von Uran auf 60 Prozent eine militärische Gefahr für Israel darstellen. Denn auf 90 Prozent angereichertes Uran kann für den Einsatz von Atombomben verwendet werden. Der Iran hingegen besteht darauf, dass seine atomaren Anlagen ausschließlich zivilen Zwecken dienen. Zudem würden der Besitz und der Bau von Atomwaffen gegen die Staatsdoktrin des Landes verstoßen. Tatsächlich gibt es ein ausdrückliches Verbot des Staatsoberhauptes Khamenei für den Einsatz von Atomwaffen. Dieses Verbot wurde seit 2006 immer wieder vom iranischen Staatsoberhaupt wiederholt und ergänztii.  

Israels Anspruch auf Sicherheit steht nicht zur Debatte 

Natürlich haben Israel und die Welt das Recht, in der Frage der Atomwaffen skeptisch zu sein und sich nicht auf das reine Wort zu verlassen, sondern auch Nachweise zu verlangen, dass keine Atomwaffen gebaut werden. Im Falle des Iran ist die Überprüfung dieser Aussagen sogar für das Land rechtlich bindend, gehört es doch zu den ersten Unterzeichnern des Atomwaffensperrvertrags (NPT - Non-Proliferation of Nuclear Weapons) der Vereinten Nationen aus dem Jahre 1968 aniii. Aufgrund dieser Zugehörigkeit, welche die Entwicklung, den Besitz und die Verbreitung von Atomwaffen verbietet, unterwirft sich der Iran seit dem Beginn seines Atomprogrammes vor über 20 Jahren der weltweit strengsten laufenden Überprüfung atomarer Forschungsanlagen. Diese Anlagen dienen gemäß der Aussagen der iranischen Staatsführung ausschließlich zivilen Zwecken (Energieversorgung, Medizin und Forschung). Und weil der Iran dem NPT angehört, darf er auch ausdrücklich unter der Aufsicht der Organe der Vereinten Nationen (IAEA) Uran für zivile Zwecke anreichern.  

Was den Iran bewegt, in der Atomfrage autark zu sein 

Im Jahr 2006 überzog die UNO, unter der Federführung der USA, den Iran aufgrund des Vorwurfs der Planung und Entwicklung von Atombomben mit einem strengen Sanktionsregimeiv, welches die USA durch eigene Sanktionen, aber auch extraterritoriale Sanktionen bis zum heutigen Tage um ein Vielfaches verschärftev.  

Lange Jahre war der Iran das meistsanktionierte Land der Welt. Nach dem ebenfalls völkerrechtswidrigen Angriff Russlands auf die Ukraine im Frühjahr 2022 hat mittlerweile Russland diesen unrühmlichen Platz übernommen. Doch im Unterschied zum offensichtlichen Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine, konnte weder die UNO noch die atomare Aufsichtsbehörde der UNO, die IAEA (International Atomic Energy Agency), den Verdacht der atomaren Waffenentwicklung des Irans glaubhaft nachweisen.  

Dennoch erleidet der Iran nun seit über 20 Jahren schwerste Sanktionen, die sogar im Frühjahr 2012 zum Ausschluss des iranischen Bankensystems aus dem internationalen Zahlungsverkehr SWIFT geführt habenvi. Damit ist der Iran seit 2012 nicht nur aus dem internationalen Waren- und Dienstleistungsverkehr (die USA verbieten durch extraterritoriale Sanktionen auch Unternehmen aus Drittländern, Geschäfte jeglicher Art mit dem Iran zu tätigen), sondern auch vom globalen Finanzsystem gänzlich ausgeschlossen. Aufgrund der westlichen Sanktionen ist das Land auch von medizinischen Importen und von Importen für die Energiewirtschaft ausgeschlossen worden. So hat der Iran jahrelang versucht, Brennstäbe für das für die Stromversorgung des Landes dringend notwendige Atomkraftwerk in Busher am Persischen Golf von Produzentenländern in Frankreich und Deutschland zu erwerben, doch aufgrund der extraterritorialen US-Sanktionen gelang ihm dies nicht. Für den Iran war und ist das ein großes Problem, ist doch die Bevölkerung die letzten Jahrzehnte von dreißig auf neunzig Millionen Menschen angewachsen, was die Nachfrage nach Elektrizität exponentiell ansteigen ließ. Aufgrund der wenigen Atomkraftwerke leidet das Land noch heute unter einer Unterversorgung mit Strom und kämpft tagtäglich aufgrund der westlichen Sanktionen mit Stromausfällen. 

Ähnliche Erfahrungen musste das Land auch bei Medizinprodukten im Bereich der Nuklearheilkunde machen. Auch hier wurden dem Land nuklearmedizinische Mittel verwehrt. Aus diesem Grund begann man aus der Not heraus, die Nuklearforschung im Land zu entwickeln, um sich vom Ausland komplett unabhängig zu machen. Und tatsächlich gelang es dem Land in den letzten zwanzig Jahren, bahnbrechende Fortschritte in der zivilen Nutzung der Nukleartechnologie zu erreichenvii. Aber auch in der Entwicklung von Brennstäben und anderen zivilen Anwendungen der nuklearen Technologie ist der Iran mittlerweile in Teilbereichen mehr als nur autark, so dass trotz der massiven Sanktionen der UNO und der USA das gesellschaftliche Leben des Landes voranschreiten kann. 

Anders als man aufgrund der weitläufigen Berichterstattung über den Iran glauben könnte, vereint die Menschen im Iran, dass sie mit Zufriedenheit und Hoffnung auf den technologischen Fortschritt des Landes, trotz massiver Sanktionen blicken. Und da dem Land der Besitz von Atomwaffen und atomwaffenfähigem Uran trotz extrem engmaschiger Überprüfung von IAEA-Inspektoren (und im Iran fest installierten IAEA-Überwachungsgeräten) nie nachgewiesen wurde, steht die Bevölkerung des Irans in dieser Frage nahezu geschlossen hinter der Regierung. 

Der schicksalhafte Bericht der IAEA zum iranischen Atomprogramm bringt den Krieg  

Am 12. Juni 2025, also am Vorabend des Angriffskrieges Israels gegen den Iran, veröffentlichte die UNO ein für das Land schicksalhaftes Interview mit dem IAEA-Chef Rafael Grossi. Bei diesem Interview der UNO ging es um die am gleichen Tag von der IAEA erlassene scharfe Resolution gegen das Atomprogramm des Iranviii. In dieser Resolution wird dem Land einerseits der schwere Vorwurf gemacht, den Atomwaffensperrvertrag (NPT) gebrochen zu haben, andererseits wird ihm auch indirekt unterstellt, auf dem Weg zur Atomwaffenproduktion zu sein:  

 

“Unfortunately, Iran has repeatedly either not answered, or not provided technically credible answers to, the agency’s questions,” […] “It has also sought to sanitize the locations, which has impeded Agency verification activities.” […]  “Given the potential proliferation implications, the agency cannot ignore [this]“ix 

 

Mit diesen Aussagen und der entsprechend selten scharfen IAEA-Resolution (GOV/2025/36) bestärkte Grossi das Bild eines Landes, dessen atomare Bewaffnung kurz bevorstehen würde.  

Für Israel, das seit Jahren öffentlich einen militärischen Einsatz gegen das iranische Atomprogramm propagiert, scheint diese Resolution ein Beweis für Irans Streben nach Atomwaffen zu sein. Denn Israel, welches selbst über mehrere Hundert Atomsprengköpfe verfügtx und dem Atomwaffensperrvertrag nie beigetreten ist, nutzte diese IAEA-Vorlage, um den Angriffskrieg in den Morgenstunden des 13. Juni 2025 gegen den Iran und seine Atomanlagen zu begründen. Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass Israel bei diesem Angriff nicht „nur“ die Atomanlagen bombardierte (was völkerrechtswidrig ist, da es die zivile Bevölkerung und die Umwelt hochgefährlichen atomaren Strahlen aussetzt), sondern auch zivile Bauten in der iranischen Hauptstadt Teheran bombardierte und zudem iranische Führungspersönlichkeiten und führende Wissenschaftler ermordete. Dieser Nachtrag ist daher bedeutsam, weil hierdurch der Angriff der Israelis aus iranischer Sicht einer klaren Kriegserklärung gleichkommt, was den weiteren Verlauf der militärischen und politischen Auseinandersetzung zwischen Israel und Iran von iranischer Seite nachhaltig und vor allem unumkehrbar für die Zukunft beeinflussen wird. Eine wirkliche Zeitenwende, nicht nur in der Beziehung zu Israel, sondern auch auf globaler Ebene, wie im Folgenden dargelegt werden wird. 

Iranische Atomwaffen? Alles nur ein Missverständnis 

Nach den Angriffen Israels gegen den Iran und der kriegerischen Eskalation ruderte der IAEA-Chef Grossi wenige Tage später zurück und gab zu, dass es keine Beweise für das Bestreben des Irans nach Atomwaffen geben würdexi. Doch mittlerweile hatte die IAEA, als internationale Aufsichtsorganisation über die atomaren Belange der NPT-Mitgliedsländer, durch die zuvor veröffentlichte fehlerhafte Einschätzung massiv Reputation verloren. Es gibt nicht wenige Politiker im Iran, die zu dem Ergebnis kommen, dass die IAEA politisch ist und daher den Willen der USA umsetzt, anstatt als neutraler Akteur unter wissenschaftlich objektiven Aspekten zu urteilen. Ob diese Annahme stimmt oder nicht, sei an dieser Stelle unerheblich. Entscheidend ist, dass mit dem Angriff Israels gegen den Iran die Neutralität der IAEA aus Irans Sicht zutiefst in Frage gestellt wird, was dazu führt, dass der Iran erwägt, aus dem NPT auszutretenxii. Damit hätten die Angriffe Israels in fataler Weise genau das Gegenteil bewirkt: Niemand würde in Zukunft Zugang zum iranischen Atomprogramm haben. Die Welt wäre dann, entgegen der Beteuerungen Israels und der USA, kein sicherer Ort. 

US-Präsident Trump gibt Israel das Go für den Angriffskrieg 

Doch anstatt die Diplomatie zu bemühen und für Frieden und Sicherheit zu sorgen, gießen die Amerikaner noch mehr Öl ins Feuer. Den Angriff gegen den Iran, der siebzigmal größer ist als Israel, hätte Israel allein wohl nie gewagt. Der hochentwickelten iranischen Offensivmaschinerie im Bereich Raketen und Drohnen hat das israelische Militär trotz aktiver massiver militärischer Kriegsunterstützung der Amerikaner, der Franzosen und der Engländer kaum etwas entgegenzusetzen. So konnten die hochbewerteten israelischen und amerikanischen Raketenabwehrsysteme (Iron Dome etc.) iranische Raketen kaum wirkungsvoll abfangen, wie Bilder der Zerstörungen in Israel nach dem Angriff Irans im Rahmen seiner Selbstverteidigung nach den UN-Konventionen (Charta 51) zeigenxiii. Aufgrund der offensichtlich begrenzten militärischen Möglichkeiten Israels ist klar, dass das Land nur mit den USA zusammen einen militärischen Konflikt gegen den Iran stemmen kann. Daher war von Anfang des Angriffskrieges klar, dass die Trump-Regierung Israel nicht nur grünes Licht für den Angriffskrieg gegeben hat, sondern im Hintergrund aktiv militärisch mitmischt. Den Dank hierfür erhielt Trump vom israelischen Premierminister Netanjahu am 14.6.25xiv.   

Am frühen Sonntag des 22. Junis zündeten die Amerikaner mit ebenfalls völkerrechtswidrigen militärischen Angriffen auf die iranischen Atomforschungsstätten in Fordo, Natanz und Isfahan die nächste Eskalationsstufe. Denn damit sind die Amerikaner offiziell Kriegspartei des Iran. Dies wiederum hat schwerwiegende Konsequenzen für den Weltfrieden. 

Denn mit dem völkerrechtswidrigen Angriff auf zivile Atomanlagen haben die Amerikaner wissentlich in Kauf genommen, dass Millionen von Menschen im Iran, aber auch in der ferneren geographischen Umgebung des Irans tödlichen radioaktiven Strahlen ausgesetzt werden. Dies ist nach der US-Charta nicht nur ein Kriegsverbrechen, auch wurde hierdurch der Iran gezwungen, auf den Kriegseintritt der Amerikaner zu antworten. Die Antwort kam dann auch keine 24 Stunden später mit der Bombardierung des US-Militärstützpunktes „Al Udeid“ in der Region des Persischen Golfes in Katar. Der US-Präsident Trump sprach zwar von einer schwachen Antwort der Iranerxv, allerdings ist mittlerweile klar, dass der Angriff größeren Schaden am Militärstützpunkt verursacht hat. Klar ist aber auch, dass der Iran kein Interesse daran hatte, dass die Amerikaner weiter aktiv in das Kriegsgeschehen eingreifen würden, weshalb es bei dem Angriff auf lediglich einen Stützpunkt blieb. Die Taktik scheint aufgegangen zu sein, denn wenige Stunden später verkündete Donald Trump, nach 12 Tagen kriegerischer Auseinandersetzungen, eine Waffenruhe zwischen Israel und Iran. 

China bleibt lange im Hintergrund. Doch nach dem Angriffskrieg Israels gegen den Iran wird nichts mehr wie vorher sein. Eine Zeitenwende, die China in die Hände spielt 

Doch der aktuelle Alleingang des Irans gegen die USA ist für einen anderen wichtigen Spieler in der Region, in Asien und in der Welt bedeutsam: China. Denn China sieht sich selbst mittlerweile reif genug, um Weltmacht zu sein und die amerikanische weltweite Hegemonie herauszufordern. Sollte daher China, ein enger Verbündeter des Irans, zulassen, dass der Iran von den USA und Israel in die militärische Zange genommen wird, hätte dies weitreichende Folgen, nicht nur in Bezug auf Chinas wirtschaftliche Interessen in der Region (China importiert z.B. einen Großteil – rund 15 Prozent - seines Ölbedarfs aus dem Iranxvi. Aufgrund weitreichender US-Sanktionen kaufen die Chinesen das Öl allerdings mit einem großen Preisabschlagxvii), sondern auch für die Glaubwürdigkeit des chinesischen geopolitischen Machtanspruchs. Denn anders als die USA, die ihre Verbündeten weltweit militärisch unterstützen, wäre China nicht bereit, seine wirtschaftlichen Interessen und geopolitischen Einflusssphären vor dem Zugriff des Gegenspielers USA zu schützen und zu verteidigen. Damit würde China seinen Einfluss nicht nur im Nahen Osten verlieren, sondern auch in der eigenen geopolitisch wichtigen Hemisphäre um die Taiwan-Frage. Denn die US-Administration wird eine unterlassene Hilfeleistung der Chinesen für den Iran sicher als Schwäche deuten und im Südchinesischen Meer ihre eigene Militärpräsenz erhöhen und China zumindest militärischen Stress aufbürden. Aber nicht nur militärisch und politisch wäre China für die Amerikaner nun eine leichte Kost. Auch würde ein militärisch unentschlossenes China sicherlich auch in wirtschaftlichen Verhandlungen (laufende Zollverhandlungen) mit den USA schlechtere Karten haben. 

Für China ist daher die aktuelle politische Lage im Nahen Osten eine große Herausforderung. Denn auf der einen Seite sind Frieden und ungestörter Welthandel für China so etwas wie eine Staatsraison, ist doch das wirtschaftlich und gesellschaftlich rasant wachsende Land sehr abhängig vom weltweiten Export. Laut der jüngsten Auswertung der Weltbank liegt nicht nur Chinas Exportanteil am BIP bei 19,7 Prozent (zum Vergleich: USA 11 Prozent)xviii. Auch ist China mit einem Anteil von 17,5 Prozent am Weltexport das größte Exportland der Weltxix. Im Vergleich hierzu kommen die Amerikaner nur auf einen Welt-Exportanteil von 10,4 Prozent.  

Die ökonomischen Relationen sprechen eine klare Sprache: China braucht einen fluiden globalen Warenhandel, um seine Wachstumsziele zu erreichen. Dies vor allem auch deswegen, weil die inländische Konsumnachfrage in China (39,6 Prozent des BIP. Zum Vergleich: USA 68,8 Prozent des BIPxx) seit dem Zusammenbruch des Immobilienmarktes ab 2020, absolut betrachtet stagniert (vgl. hierzu Institut der Deutschen Wirtschaft; IW-Kurzbericht Nr. 37/2024: Chinas Immobilienkrisexxi). Jegliche kriegerische Auseinandersetzung in der für die globale Energieversorgung sehr wichtigen Region um den Persischen Golf (20 Prozent der weltweiten Versorgung mit Öl und Gas: vgl. hierzu: Hanns Seidel Stiftung: Die energiepolitische Lage am Persischen Golfxxii), würde China aufgrund seiner Abhängigkeit von Energierohstoffen aus dieser Region sehr teuer zu stehen kommen. Zudem ist China auch in der Region des Persischen Golfs einer der größten Investoren in Infrastrukturprojekten, und dies nicht nur im Rahmen des chinesischen Mammutprojekts „Neue Seidenstraße (Belt and Road Initiative)“xxiii.  

Das unabhängige finanzpolitische Aufsichtsorgan des US-Kongresses (Government Accountability Office) schätzt in einer Ausarbeitung vom 16. Oktober 2024 die Investitionssumme der Chinesen in Infrastrukturprojekte im Rahmen der Neuen Seidenstraße auf 679 Milliarden US-Dollarxxiv. Dabei verrät ein Blick auf die Weltkarte, dass China hauptsächlich in Regionen investiert, die ihm aus der geo- und wirtschaftsstrategischen Sicht komparative Vorteile gegenüber den USA, aber auch der EU bieten (vgl. Abb. 1).  

Doch wenn ein Land so viele und große Investitionen weltweit plant und umsetzt, geschieht dies sicherlich nicht nur aus wirtschaftlicher Sicht. Auch hier verrät ein Blick auf die Weltkarte, welches weitere Interesse China in diesen Regionen der Welt hat: Die Sicherung des Zugangs zu Bodenschätzen und Energierohstoffen, um das rasante Wachstum der eigenen Wirtschaft zu sichern (vgl. hierzu: Stiftung Asienhaus. Chinas Rohstoffhungerxxv). Chinas wirtschaftliche Expansion und geopolitische Einflusssphäre profitierten in den letzten Jahrzehnten von der relativ stabilen geopolitischen Lage. Doch diese Stabilität ist in den letzten Jahren mit dem Russland-Ukraine-Krieg, mit dem Israel-Gaza-Krieg und zuletzt mit dem Israel-Iran-Krieg massiv ins Wanken geraten. Zudem setzt die US-Regierung China mit wirtschaftlichen Sanktionen und Zöllen wirtschaftlich unter Druck und versucht somit, seinen größten Rivalen und Gefährder der US-Hegemonie auf Distanz zu halten.  

Iran ist nicht Russland, aber eine goldene historische Gelegenheit für China 

China würde wahrscheinlich seinem verbündeten Partner Russland militärisch deutlich zur Seite stehen, hätte nicht Russland die Ukraine angegriffen. Hierdurch fehlt es China an Legitimation, Russland zur Seite zu stehen, ohne dabei von der westlichen Weltgemeinschaft als Mittäter gebrandmarkt zu werden.  

Doch der Iran ist nicht Russland. Iran ist rein objektiv das zu Unrecht angegriffene Land. Daher könnte der Israel-Iran-Krieg für China eine goldene historische Gelegenheit bieten. Denn sollte sich das Land entscheiden, seine Interessen am Persischen Golf zu verteidigen und damit auch dem Iran militärisch zur Seite zu stehen, dann würde dies nicht nur eine zusätzliche militärische Abschreckung in Bezug auf weitere militärische Angriffe Israels gegen den Iran führen und damit den Frieden sichern. Auch würden die den Iranern skeptisch gegenüberstehenden arabischen Staaten am Persischen Golf erkennen, dass China ein verlässlicher und friedensstiftender Partner sein könnte. Die USA würden dadurch deutlich an Macht in der Region an China verlieren. Der Grund hierfür ist, dass die arabischen Staaten im Nahen Osten die uneingeschränkte pro-Israel-Haltung der USA zwar kritisch sehen, die Amerikaner aber als hegemoniale Ordnungsmacht in der Region zähneknirschend akzeptieren und teilweise aus wirtschafts- und geopolitischen Überlegungen auch brauchen. Würde also dieses Szenario einer beherzten politischen Einmischung Chinas Realität werden, wäre der Einfluss der Amerikaner auf kurz oder lang in dieser Region dezimiert. China wäre dann aufgrund der sehr hohen geopolitischen Bedeutung der Nahost-Region und deren hoher Vorkommen an fossilen Brennstoffen einen wichtigen Schritt in Richtung neue politische Weltmacht weiter. Dies hätte dann auch massive Auswirkungen auf den globalen politischen und wirtschaftlichen Einfluss der Chinesen (z.B. auch im Russland-Ukraine-Krieg). 

Unser Fazit

Der kriegerische Angriff Israels auf den Iran ist einer Zeitenwende im Nahen Osten gleichzusetzen. Die Tatsache, dass es Israel nicht gelungen ist, Iran militärisch zu besiegen, sondern selbst herbe militärische Schläge einstecken musste, wird für immer die geopolitische Lage verändern. Denn bis zum 13. Juni dieses Jahres, dem Tag des Angriffskriegs Israels gegen den Iran, galt, dass Israel unverwundbar sei und durch seine militärische Stärke alle seine Ziele erreichen würde. Doch die Tatsache, dass die treffsicheren militärischen Gegenschläge des Irans nicht nur die militärische Unverwundbarkeit Israels zutiefst relativiert haben, sondern auch eine neue militärische Abschreckung geschaffen haben, mischt die machtpolitischen Karten im Nahen Osten komplett neu. Der von Amerika vermittelte Waffenstillstand zum 24. Juni ist ein Zeichen dieser Zeitenwende.  

Hinzu kommt, dass der Iran durch seine militärische Widerstandskraft seinem Verbündeten China die militärische Reife und eine Partnerschaft auf Augenhöhe signalisiert. Peking hat vor wenigen Tagen die Unterstützung Teherans angedeutetxxvi. Wobei eine militärische Einmischung Chinas aktuell unwahrscheinlich scheint. Vielmehr würde die Unterstützung im Bereich der unmittelbaren militärischen Produktionslogistik stattfinden.  

Damit scheint die Achse Teheran-Peking-Moskau zu reifen. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass China den tiefen Graben zwischen Iran und USA/Israel nun nutzen wird, um einerseits seine Einflusssphäre im Nahen Osten zu Lasten der USA massiv zu erhöhen. Andererseits wäre dies auch ein weiterer wichtiger Schritt in Richtung des chinesischen Weltmachtbestrebens. Das alles hätte aber auch weitreichende Folgen für die globale Weltordnung, sowohl aus wirtschaftlicher als auch aus politischer Sicht. Europa und Deutschland würden gut daran tun, sich nicht durch die US-Trump-Administration von China abdrängen zu lassen. Denn in einem solchen Szenario lägen die zukünftigen für die deutsche Exportindustrie sehr wichtigen Wachstumsmärkte Süd- und Mittelamerika, Afrika, Naher Osten und Südost-Asien noch stärker in Pekings Einflusssphäre.  

Herzlichst Ihr

Dr. Reza Darius Montassér, CMT
Chefökonom Braunschweiger Privatbank

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  7. journals.lww.com/cnmo/fulltext/2025/06010/current_practice_of_nuclear_medicine_in_iran.9.aspx.
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  9. news.un.org/en/story/2025/06/1164291
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  22. www.hss.de/download/publications/Argu-Kompakt_15-2016_Persischer_Golf.pdf
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